Zitate von Johann Gottfried Herder
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Es ist das Los der Menschen und Bestimmung zur irdischen Glückseligkeit weder ans Herrschen, noch ans Dienen geknüpft. Der Arme kann glücklich, der Sklave in Ketten kann frei sein: der Despot und sein Werkzeug sind meistens in ganzen Geschlechtern die unglücklichsten und unwürdigsten Sklaven.
Wer erdichten will, erdichte ganz; wer Geschichte schreiben will, habe das Herz, die Wahrheit nackt zu zeigen.
Rechnen muß jeder Knabe lernen, damit er sein Leben berechne, denn die gesamte Vernunft, zumal die Führung menschlicher Dinge, heißt Rechnen.
Alles verwandelt sich, nichts stirbt. In schöner Verwandlung Wir die Hoffnung Genuß Und das Verlorne Gewinn.
Tapfer ist der Löwensieger, tapfer ist der Weltbezwinger, tapf’rer, wer sich selbst bezwang.
Strenge gegen dich selbst! Beschneide die üppigen Reben; desto fröhlicher wächst ihnen die Traube dereinst.
Wie der Schatten früh am Morgen Ist die Freundschaft mit dem Bösen; Stund‘ auf Stunde nimmt sie ab. Aber Freundschaft mit dem Guten Wächset wie der Abendschatten, Bis des Lebens Sonne sinkt.
Ein Kind, dem nie Märchen erzählt worden sind, wird ein Stück Feld in seiner Seele haben, auf dem in späteren Jahren nichts mehr angebaut werden kann.
Schönheit ist ein mißlich Geschenk. Sie machet den Liebling eitel, und wenn sie entflieht, läßt sie ihn traurig und leer.
In jeder Zeit war die Poesie der Inbegriff der Fehler und Vollkommenheiten einer Nation, ein Spiegel ihrer Gesinnungen, der Ausdruck des Höchsten, nach welchem sie strebte.
Verrat Löblich ist es, verzeih’n. Doch Menschenquälern die Wunden zu balsamen, ist gegen die Menschheit Verrat.
Mäßige deinen Zorn; es fallen die Funken erst auf dich; auf den Feind, wenn sie je treffen, zuletzt.
Naturwissenschaft und Naturlehre muß ein Knabe lernen, damit er sich seines Lebens erfreue, die Wohltaten der Natur erkenne und recht gebrauche und daß endlich einmal so mancher Irrtum und Aberglaube verschwinde.
Tausenden für einen ist das Ziel ihres Nachdenkens die Stelle, wo sie des Nachdenkens müde geworden.
Allen immer gefallen ist ein Glücksspiel, wenigen gefallen, ein Werk der Tugend, wenn’s die Besseren sind. Gefallen niemand schmerzet und kränket. Wenigen gefallen und nur den Besten. Aber unter beiden; ob allen oder keinem? – Keinem!
Alle zerstörenden Kräfte in der Natur müssen den erhaltenden Kräften mit der Zeitenfolge nicht nur unterliegen, sondern auch selbst zuletzt zur Ausbildung des Ganzen dienen.
Wie sich Aufrichtigkeit mit höflichem Sinne vereinigt? Vor mir sei höflich, o Mann! hinter mir redlich und klug.
Sophokles Philoktet leidet nicht mit brüllendem Geschrei. Die Helden Homers fallen nicht mit Geschrei zu Boden. Schreien kann nicht ein nothwendiger Charakterzug einer Helden- und Menschlichen Empfindung seyn.
Die liebe kalte spekulierende Vernunft wird deinen Willen eher lähmen, als dir Willen, Triebfeder, Gefühl geben.
Gewöhnlich hält man nichts von geringerem Werth als Sprüche; wie bald, denkt man, ist ein Spruch gesagt!
Der kommt am weitesten, der anfangs selbst nicht weiß, wie weit er kommen werde, dafür aber jeden Umstand, den ihm die Zeit gewährt, nach festen Maßregeln gebraucht.
Was haben, gegen Weiber, Wir, die Männer, wohl für Waffen? Deshalb dann regieren sie.
Denn nichts wirkt, auch ohne daß wir es gewahr werden, auf unser jugendliches Gemüt mehr, als das Beispiel derer, mit denen wir leben. Dreimal glücklich ist die aufblühende Seele, der, als sie noch Knospe war, der Himmel eine so schöne Stelle verlieh!
Wie kann man sich in dem Charakter eines Menschen beim ersten Besuch irren, in Sonderheit wenn er sich hinter der Maske des Umgangs versteckt.
Gemeinschaftliche Gefahren erwecken gemeinschaftlichen Mut; sie knüpfen also das edelste Band der Männer, die Freundschaft.
Vergiß dein Ich. Dich selbst verliere nie! Nichts Größres konnt aus ihrem Herzen dir die reiche Gottheit geben als dich selbst.
Gedruckte Bücher sind wie geborene Kinder; man sage über sie Böses oder Gutes, sie sind einmal da.
Trotz aller Schulen der Philosophie wird der Mensch immerhin das bösartigste Tier der Welt bleiben; Aberglaube, Eigennutz, Rache, Verrat, Undankbarkeit werden bis ans Ende der Zeiten blutige, traurige Szenen hervorbringen, weil Leidenschaften uns beherrschen, selten die Vernunft.
Wenn wir in der Zeit leben, so müssen wir mit der Zeit fortschreiten. Wir müssen mit der Zeit fortschreiten, oder die Zeit schleppt uns fort. Glücklich ist der, der willig fortgeht.
Lassen wir den Schicksalsfaden leise laufen, wie er läuft, ohne ihn reißen und aufhalten zu wollen: so geht er desto sicherer seinen Gang, und findet sich wieder in unsre Hand, wenn wir’s am wenigsten gedenken und hoffen.
Daß sich die französische Sprache vor andern zu einer philosophischen Präzision gebildet, kommt unter andern auch davon her, daß in ihrem Vaterlande so lange und viel, so leicht und fein disputiert worden ist.
Lasset uns mit mutigem, fröhlichem Herzen auch mitten unter der Wolke arbeiten, denn wir arbeiten zu einer großen Zukunft. Und lasset uns unser Ziel so rein, so hell, so schlackenfrei annehmen, als wir’s können; denn wir laufen in Irrlicht und Dämmerung und Nebel.
Der Undankbare zeugt ein undankbares Geschlecht; entbehren muß er des schönsten Lohnes, des Dankes seiner Kinder.
Innere Schätze beglücken. Dir im Innern Liegt Edelstein und Gold; da grabe In den Grüften. Von außen suchst du ewig Ruhe vergebens.
Verehre die Wege der Vorsehung auch da, wo sie deinen blöden Augen ungerecht scheinen.
Jedes Lebendige freut sich seines Lebens. Es fragt und grübelt nicht, wozu es da sei. Sein Dasein ist ihm Zweck und sein Zweck das Dasein.
Nicht darauf beruht unser Heil, daß alles komme, wie wir es gerne nehmen, sondern daß wir es gerne nehmen, wie es kommt.
Das Gefühl der menschlichen Würde war die hauptsächlichste moralische Triebfeder des Altertums, und das Gefühl der Sündhaftigkeit die des Mittelalters.