Zitate von Johann Gottfried Seume
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Wo man von Gerechtigkeiten und Freiheiten redet, soll man durchaus nicht von Gerechtigkeit und Freiheit sprechen.

Das bißchen Gerechtigkeit in unsern Staaten wird so entsetzlich teuer gekauft, daß wir uns oft weit besser aller ursprünglichen Ungerechtigkeit aussetzen würden.

Wer sich beständig ausschlußweise mit den Büchern beschäftigt, ist für das praktische Leben schon halb verloren.

Suchet jetzt die Tage so zu färben, der Moment hält seine Farben treu, daß, wenn nach und nach die Freuden sterben, bleibender Genuß im Rückblick sei.

Die Geschichte kann nichts geben als die Tatsache, nicht einmal die Präsumtion der Gerechtigkeit; denn sie liefert ebenso viel Schurkereien als lobenswürdige Dinge. Gebrauch ist kein Recht. Wer ein Schurke sein will, hat hundert Autoritäten aus der Geschichte.

Das Recht ist für alle, die an Gott glauben und die nicht an ihn glauben, folglich kann kein übersinnliches Prinzip desselben angenommen werden.

Sich amüsieren heißt etymologisch: die Muße loswerden. Amüsement wäre also das Vergnügen der Plattköpfe.

Wer nach meiner Überzeugung seine Pflicht getan hat, darf sich am Ende, wenn ihn seine Kräfte verlassen, nicht schämen, abzutreten.

Tu deine Pflicht, mein Sohn, Mit allem Feuereifer deiner Brust; Und was du tust, sei Lohn, der dir genügt. Die Tugend ohne Lohn ist doppelt schön.

Und wenn Freiheit und Gerechtigkeit in Ewigkeit nichts als schöne Morgenröte wäre, so will ich lieber mit der Morgenröte sterben, als den glühenden ehernen Himmel der blinden Despotie über meinem Schädel brennen lassen.

Ich bin der Meinung, dass alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge… So wie man im Wagen sitzt, hat man sich sogleich einige Grade von der ursprünglichen Humanität entfernt… Fahren zeigt Ohnmacht, Gehen Kraft.

Wo keine Gerechtigkeit ist, ist keine Freiheit, und wo keine Freiheit ist, ist keine Gerechtigkeit.

Niemand ist vor den anderen ausgezeichnet groß, wo die anderen nicht sehr klein sind.

Aus der freien Narrheit der Individuen kann für den Staat große Weisheit gedeihen.

Die Arbeit der philosophischen, theologischen, politisch-pathologischen Volksführer ist fast durchaus, Rauch zu machen und darin Gespenster und Schreckgestalten zu zeigen, damit man sich an ihre Heilande halten soll, von denen immer einer schlechter ist, als der andere.

Wer nichts fürchtet, kann leicht ein Bösewicht werden, aber wer zu viel fürchtet, wird sicher ein Sklave.

Die meisten Menschen haben überhaupt gar keine Meinung, viel weniger eine eigene, viel weniger eine geprüfte und noch viel weniger haben vernünftige Grundsätze.

Der Vernünftige hat wenige Freunde, aber der Unvernünftige kann keine haben. Der Letztere hat indessen das Glück, sich besser über den Mangel derselben zu täuschen.

Leben heißt wirken und vernünftigwirken. Nach unserer Weise heißt es leiden und unvernünftig leiden.

Wer außer sich notwendig noch jemandes zu seinem Wohlbefinden bedarf, ist schwerlich ganz unbefangen.

Wer bei gewissen Anblicken nicht die Vernunft verliert, muß wenig zu verlieren haben.

Nicht wo Einer regiert, ist Despotie, sondern wo Einer herrscht, das heißt nach eigener Willkühr schaltet und die Uebrigen unbedingt als Instrumente zu seinem Zwecke braucht.

Das Regiment der Unvernunft bricht wieder stark hervor: car tel est notre bon plaisir!

Treibet die Furcht aus! Dann ist Hoffnung, daß der gute Geist einziehen werde.

Wer nicht seines guten Gedankenganges sehr gewiß ist, der wird bei dem Anblick auf die öffentliche Welt gleichgültig, nicht allein gegen Leben und Tod, sondern auch gegen Tugend und Laster.

Das beständige Leben im Zimmer wird bald zur kränkelnden Vegetation. Wer Kraft und Mut und Licht mehren will, gehe hinaus in die Elemente.

Weist nur die Menschen in den Himmel, wenn ihr sie um alles Irdische königlich betrügen wollt.

Etwas Gutes besser zu machen ist leichter, als etwas Gutes immer gut zu machen.

Heiliger Spartacus, bitte für uns! Wenn noch mehr solche Schulmeister des Menschenverstands aufträten.

Die geheime Geschichte der sogenannten Großen ist leider meistens ein Gewebe von Niederträchtigkeiten und Schandtaten.

Alles, was man in dieser Zeit für seinen Charakter tun kann, ist, zu dokumentieren, daß man nicht zur Zeit gehört.

Reißt den Menschen aus seinen Verhältnissen; und was er dann ist, nur das ist er.