seite 10
Die Nützlichkeit des Lebens liegt nicht in seiner Länge, sondern in seiner Anwendung.
Michel de MontaigneEine gute Ehe, wenn überhaupt eine solche existiert, will nicht zugleich Liebe sein und sich so geben: Sie möchte eine Art Freundschaft verkörpern.
Michel de MontaigneSterben hat nichts mit Gesellschaft zu tun, sondern ist die Handlung eines Individuums. Unter Freunden laßt uns lachen und leben, unter Fremden laßt uns trauern und sterben.
Michel de MontaigneEs ist bezeichnend, dass die politische Beredsamkeit im alten Rom am meisten florierte, als es dem Staat am schlechtesten ging.
Michel de MontaigneWir sollten fragen, welcher der nützlichere, nicht wer der gelehrtere Gelehrte wäre. Wir arbeiten nur darauf, das Gedächtnis vollzupfropfen und lassen Verstand und Gewissen leer.
Michel de MontaigneDas Menschenleben hat seine Gesetze, man muß sich ihnen mit freundlichem Gesicht fügen: Es ist uns bestimmt, zu altern und manchmal schwach oder krank zu werden, und zwar aller Ärztekunst zum Trotz.
Michel de MontaigneIch habe oft Menschen gesehen, die aus lauter Höflichkeit grob waren, und aus zu großer Verbindlichkeit lästig.
Michel de MontaigneDas Sprechen, das ich liebe, ist ein einfaches, ungeziertes Sprechen, sei's auf dem Papier, sei's mit dem Mund, eine Sprache voll Kraft und Saft, kurz und gedrungen [...]
Michel de MontaigneEinen in Ruhe sterben zu lassen, gilt als Pflichtverletzung, als Lieblosigkeit und Gleichgültigkeit.
Michel de MontaigneDem Verwöhnten schmeckt der Wein fade, dem Verdurstenden herrlich. Jeder übertreibt.
Michel de MontaigneIch suche nach keiner anderen Wissenschaft als der, welche von der Kenntnis meiner selbst handelt, welche mich lehrt, gut zu leben und gut zu sterben.
Michel de MontaigneDas bißchen, was äußere Umstände hinzufügen können, das kommt dem wahren Glück gegenüber gar nicht in Betracht. Das trägt jeder still in sich und wärmt sich daran, wenn er sich in der Welt kalte Füße geholt hat.
Michel de MontaigneKeine gute Eigenschaft ist so leicht nachzuahmen wie die Frömmigkeit, wenn man Sitten und Leben nicht damit in Einklang bringt; ihr Wesen ist demnach Dunkel, ihr äußeres Gebaren unkompliziert und in die Augen fallend.
Michel de MontaigneIch kann diese knechtische und argwöhnische Vorsicht nicht aufbringen, die bei den üblichen unvollkommenen Freundschaften im Umgang von uns verlangt wird.
Michel de MontaigneTragt Sorge, daß das Alter euch nicht mehr Runzeln auf die Seele legt, als auf euer Angesicht.
Michel de MontaigneWir haben mehr Dichter als Kenner. Es ist leichter, zu dichten, als zu verstehen.
Michel de MontaigneVon jeder Teilansicht, von jeder Tätigkeit aus kann man einen Menschen gleich gut beurteilen; in jeder drückt sich irgendwie sein Charakter aus.
Michel de MontaigneWer einen mageren Leib hat, trägt gern einen ausgestopften Wams, und denen, welchen die Materie schwindet, schwellen die Worte.
Michel de MontaigneDer Dichtung ist mit unserem Verstand nicht beizukommen, sie reißt ihn mit sich fort und wirft ihn um.
Michel de MontaigneWir möchten diese Völker also, in Hinsicht auf die Regeln des Verstandes, Barbaren nennen, aber nicht in bezug auf uns, die wir sie in allen Arten der Barbarei übertreffen.
Michel de MontaigneWir werden viel weniger durch das verletzt, was uns geschieht als durch unsere Meinung darüber.
Michel de MontaigneDu stützt dich auf die Märchen der Ärzte: Sieh lieber hin, wie es wirklich aussieht und was die Erfahrung lehrt.
Michel de Montaigne