Zitate von Michel de Montaigne
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Es gibt allerhand nichtswürdige und eitele Spitzfindigkeiten, durch welche sich Leute zuweilen beliebt zu machen suchen.
Das Gespräch ist, meiner Ansicht nach, die lohnendste und natürlichste Übung unseres Geistes: Keine andere Lebensbetätigung macht mir so viel Freude.
Ruhmseligkeit besteht darin, von sich selbst zu viel und von anderen zu wenig zu halten.
Das Altern ist eine heimtückische Krankheit, die sich ganz von selbst und unbemerkt einschleicht.
Es ist eigentlich nie möglich, genau zu sagen, wann wir am Ende unserer Hoffnung sind.
Unser großes und ruhmreiches Meisterstück ist es, angemessen zu leben. Alles andere – zu herrschen, Schätze zu bewahren, aufzubauen – sind bestenfalls Anhängsel und Requisite.
Die Natur hat uns frei und ungebunden in die Welt gesetzt; wir kerkern uns ein in ein kleines Stück Land.
Nichts in der Welt ist so ungesellig und zugleich so gesellig wie der Mensch, das eine durch seine Laster, das andere durch seine Natur.
Es gibt noch eine andere Art von Ruhmsucht. Sie besteht darin, dass wir unseren Wert und unsere Verdienste überschätzen.
In der wahren Freundschaft schenke ich mich meinem Freunde mehr, als daß ich ihn an mich ziehe.
Es ist eine große Einfalt, seinen eigenen Glanz zu verschleiern, um mit einem erborgten Licht zu leuchten.
„Ungereimte Dinge können einem jeden entwischen: das ist ein Unglück, wenn man sich Mühe darum gegeben hat.
Möchte mir doch nie ein ander‘ Wort oder andere Redensarten entfahren, als die man in der Residenz auf dem Fischmarkte versteht! Die meisten Personen, mit denen ich umgehe, sprechen wie ein Buch.
Ich kann mir Sokrates an der Stelle Alexanders des Großen vorstellen, aber nicht Alexander den Großen an der Stelle Sokrates.
Glück und Unglück sind, meinem Gefühl nach, von uns unabhängige Mächte: Es ist ein Zeichen von Unverstand, anzunehmen, dass die menschliche Voraussicht die Rolle der Fortuna übernehmen könne.
Das meiste auf der Welt geht von selbst; der Erfolg läßt oft ganz törichtes Verhalten berechtigt erscheinen.
Ich habe nichts dagegen, daß der Tod mich bei der Gartenarbeit überrascht, aber er soll mich nicht schrecken; und noch weniger soll es mich traurig machen, daß ich mit dem Garten nicht fertig geworden bin.
Die Kompliziertheit eines Charakters wächst mit dem feinen Verständnis desselben.
Man kann sich durch Gewohnheit und Erfahrung gegen Schmerz, Schande, Mangel und dergleichen zufälliges Unglück abhärten. Den Tod aber können wir nur einmal erdulden. Wir sind alle nur Lehrlinge in Ansehung seiner.
Es geschieht aus eigener Erfahrung, daß ich die menschliche Unwissenheit anklage. Sie ist nach meiner Meinung das Zuverläßigste, was man in der Schule der Welt lernen kann.
Für den Christen ist es ein Wink zum Glauben, wenn ihm etwas Unglaubliches vorkommt.
Recht zu leben – das sollte unser großes und leuchtendes Meisterwerk sein! Alle anderen Dinge wie Herrschen, Horten und Häuserbauen sind höchstenfalls Anhängsel und Beiwerk.
Es kommt alleine darauf an, wer der nützlichste, nicht wer der größte Gelehrte ist.
Ich weiß, daß meine Abneigung gegen Ärzte krankhaft ist. Wenn sie mich aber am Leben erhält?
Ob wir etwas als angenehm oder unangenehm empfinden, das hängt größtenteils davon ab, wie wir uns dazu stellen.
Vom Gelde ist zu sagen, was von Caligula gesagt wurde: Es hätte nie einen so guten Sklaven und nie einen so bösen Herrn gegeben wie ihn.
In meinen Zitaten lasse ich andere sagen, was ich selber nicht so gut ausdrücken könnte, sei es aus Mangel an Sprachgewandtheit, sei es aus Mangel an Scharfsinn.
Gleicher Meinung zu sein ist tödlich. Wir lieben den Widerspruch nicht, aber wir brauchen ihn dringend.
Wer gegen sein besseres Wissen für das Gedächtnis eines Fürsten, der kein Lob verdient, eintritt, weil er persönlich ihm zu Dank verpflichtet war, der urteilt parteiisch und nicht wirklich gerecht.
Ich bin gegen jede Gewaltanwendung bei der Erziehung einer jungen Seele, die an das Gefühl für Ehre und Freiheit gewöhnt werden soll.
Meine Albernheiten nehme ich nicht wichtiger als sie es verdienen. Das ist ihr Glück.
Die Ehe ist ein Vertrag; nur der erste Anfang ist frei, der Fortbestand wird durch Zwang und Gewalt durchgesetzt.
Es ist doch eine elende Heilmethode, wenn man seine Gesundheit der Krankheit verdankt.
Es gibt nur wenige Menschen, die es wagen dürften, ihre geheimen Bitten und Gebete zu Gott öffentlich hören zu lassen.
Eitelkeit und Neugierde sind die Geißeln unserer Seele. Diese treibt uns, die Nase überall hineinzustecken; jene verbietet uns, irgend etwas ungelöst und unentschieden zu lassen.