Rainer Kohlmayer Zitate
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Schmerz – der unerläßliche Rohstoff wahrer Kunst.
Rainer KohlmayerJeder hat das Zeug zum Kolumbus. – Der Vorteil eines schlechten Gedächtnisses ist, daß man mehr Entdeckungen macht als andere Leute.
Rainer KohlmayerTherapeutische Wirkung des Haarewaschens. – Man darf sich ungehemmt die Haare raufen. So erklärt sich auch die emotionale Wertschätzung des Friseurberufs: Sich die Haare raufen lassen!
Rainer KohlmayerVerpflichtet zu Lehre und Forschung. – Das dozierende Oxymoron: Wegweiser und Wegsucher zugleich.
Rainer KohlmayerTrost des Alters. – Wachsende Vergeßlichkeit überrundet wachsende Reue.
Rainer KohlmayerDeutsches Diktat. – Die Rechtsprechung kapituliert vor der Rechtschreibung.
Rainer KohlmayerWasserspiele. – Bei Wittgenstein kondensiert so manche „Wolke Philosophie zu einem Tröpfchen Sprachlehre“ (PU II, XI). Bei seinen Schülern expandiert so manches Tröpfchen Wittgenstein zu einem akademischen Wasserfall.
Rainer KohlmayerCartesianische Variationen. – Ich denke, also denke ich, daß ich denke. – Ich denke, also tu ich nix. – Ich denke, du arbeitest! – Ich dachte, du spülst das Geschirr! – Ich denke, ich möchte eine Professur für Philosophie. – Ich denke, na also.
Rainer Kohlmayer„Argumente“ heißen die schärfsten Spitzen jener Eisberge, die aus tiefgefrorenen Gefühlen bestehen.
Rainer KohlmayerKompensation. – Das Territorium der Sowjetunion ist in viele kleine Territorialterroristen zerfallen. Zwischen Territorium und Terror besteht ein unauflösbarer Zusammenhang.
Rainer KohlmayerBankdetektiv. – Sherlock bei Shylock.
Rainer KohlmayerSprache und Denken. – Die Sprache ist die Infrastruktur im Land des Denkens.
Rainer KohlmayerStabilität auf lange Sicht. – Mit dem Wahlspruch „Wir drücken beide Augen zu“ drängten die Blinden an die Macht. Doch mit dem Slogan „Wir stehen mit beiden Beinen fest auf der Erde“ verteidigten die Lahmen ihren winzigen Vorsprung.
Rainer KohlmayerAnarchist beim Absingen der Nationalhymne. – „Einigkeitunrechtunfreiheit Führdasdeutschevaterland…“
Rainer KohlmayerDer Wiedergewählte. – Ein unerbittlicher Kämpfer für die Mittelmäßigkeit – die eigene und die der anderen.
Rainer KohlmayerMit den philosophischen Gedanken verhält es sich wie mit den Regenwürmern: Sie zeigen sich nur bei schlechtem Wetter.
Rainer KohlmayerDialektik. – Die meisten Menschen wollen lieber ihre Illusion von Freiheit genießen, statt einsehen zu müssen, daß ihre Freiheit eine Illusion ist.
Rainer KohlmayerPhilosophie der Alltagssprache. – „Ich spreche, also denke ich.“
Rainer KohlmayerUnauffällige Beleidigungen. – „Es war wieder einmal selten schön bei Ihnen. Haben Sie nochmals viehlen Dank. Grüßen Sie auch Ihre liebe Frau gans herzlich.“
Rainer KohlmayerProf. Dr. YZ. – Seit Jahren hat er nichts Wichtiges publiziert, baut aber in jeder Sitzung eloquent sein Potemkinsches Dörfchen auf.
Rainer KohlmayerMysterium Nietzsche. – Alles an Nietzsche läßt sich begreifen – außer seinem Schnauzbart: Ein undurchdringliches Rätsel.
Rainer KohlmayerWas sagt das Sprichwort über die Geschwindigkeit politischer Karrieren? – „Ehrlich währts am längsten.“
Rainer KohlmayerJurisprudenz. – Die Sprache des Rechts ist die Tochter des Mißtrauens.
Rainer KohlmayerPoetik des Aphorismus. – Ein widerspenstiger Gedanke kroch aus dem Kontext davon, um sich in der freien Luft in einen Aphorismus zu verwandeln.
Rainer KohlmayerWohlbestallt. – Die Dichter sind die Rennpferde, die Literaturprofessoren die Jockeys. Jene erhalten ein Stück Zucker, diese eine Professur.
Rainer KohlmayerIm heutigen Wissenschaftsbetrieb gilt: Theorien haben kurze Beine.
Rainer KohlmayerWer hat die Abkürzungen erfunden? – Die Tiere: „Muh!“ „Wauwau!“ „Miau!“ „Kikeriki!“
Rainer KohlmayerEvaluation. – Das Unwichtigste läßt sich am genauesten messen. – Aber wie stellt man fest, was wichtig ist? – Es ist das, was übrigbleibt, wenn alles gemessen wurde.
Rainer KohlmayerDer rote Faden der Geschichte – eine Blutspur.
Rainer KohlmayerGoethes Motto, Ottos Replik. – „Ho mä dareis anthropos ou paideuetai: Wer nicht geschunden wird, wird nicht geformt.“ – Otto: „Aber auch nicht genormt.“
Rainer KohlmayerSchummrige Bar in der Altstadt. – Am Klavier klimperte ein rotnasiger Spirituose.
Rainer KohlmayerKulturphilosoph der Prostmoderne. – Er redet wie Hegel mit 1,8 Promille.
Rainer KohlmayerSelbstmörder am Schreibtisch. – Jede Gehirnwindung mündet in eine Sackgasse.
Rainer KohlmayerKopiergeräte für jedermann. – Auch das Vorübergehendste erhebt Anspruch auf Unsterblichkeit. Zwischen Dreck und Druck gibt es keinen Unterschied mehr.
Rainer KohlmayerMan sagt oft, man habe nur laut gedacht, wenn man sich dafür entschuldigen möchte, daß man laut nicht gedacht hat.
Rainer KohlmayerAuf den Punkt gebracht. – „Ist das noch Tick-Tack oder schon Taktik?“
Rainer KohlmayerKollege, den jeder kennt. – Der King-Kong der Kungelei.
Rainer KohlmayerBloß keine Blöße zeigen. – In Sätzen, die als Meinungsäußerung von beamteten Wissenschaftlern gelten dürfen, herrscht das Gesetz des kategorischen Konjunktivs: „Ich möchte meinen wollen…“, „Man könnte der Ansicht sein…“
Rainer KohlmayerHoppla. – Man sagt ungerechterweise genau da „geistesgegenwärtig“, wo man „leibesgegenwärtig“ sagen sollte.
Rainer KohlmayerStrategie der modernen Zweierbeziehung. – Vereint schlafen, getrennt kassieren.
Rainer KohlmayerDie Verwandlung. – Endlich ließ sich die Wahrheit von seinem inständigen Flehen erweichen und wandte sich um: Kafka, entsetzt, verwandelte sich in Worte.
Rainer KohlmayerBob Wilsons Bildertheater. – Die Unterdrückung der Sprache in der Inszenierung wird durch den Redeschwall der Interpreten kompensiert.
Rainer KohlmayerGewissenserforschung ist ein Versuch, sich mit einem nassen Handtuch abzutrocknen.
Rainer KohlmayerEtymo-Logik? Nein, danke. – In der deutschen Sprache gibt es wie in jeder anderen zahlreiche Spuren uralter Gewaltverhältnisse. Zum Beispiel der Knechtungszusammenhang von „hören“, „horchen“, „gehören“, „gehorchen“. Man muss sich gegen das raffinierte Geraune der Vatersprache zur Wehr setzen.
Rainer KohlmayerAlternative zur Massenuniversität. – Der Tante M.A.-Laden.
Rainer KohlmayerDiplomatische Begabung. – Er log so diskret, daß nicht nur alle, sondern auch er sich selber für einen durch und durch ehrlichen Menschen hielt. Seine Lügen hatten die wässrige Farbe des Sachverstands und die herzliche Mimik der Offenheit.
Rainer KohlmayerArchaismus. – „Mann, is das gut!“, sagen auch Feministinnen, wenn es ihnen besonders gut schmeckt.
Rainer KohlmayerSchizophrenie. – Sein Kopf rief die Diktatur aus. Da ging der Leib ins Exil.
Rainer KohlmayerWo soll hier ein Druckfehler sein? – „Aus gewöhnlich gut unterrichteten Finanzgreisen verlautete, …“
Rainer KohlmayerVorschlag zur Reduktion von Komplexität bei schwierigen Entscheidungssituationen in demokratischen Gremien sowie zur Beseitigung unnötiger bürokratischer Formalitäten. – „Ich!“
Rainer Kohlmayer