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Bedenk', ist irgend Leben mehr erlebt Als deiner Träume Bilder? Und mehr dein? Du schläfst allein. Die Türe ist verriegelt. Nichts kann geschehn. Und doch von dir gespiegelt, Hängt eine fremde Welt in dich hinein.
Rainer Maria RilkeAlle Kraft, die wir fortgeben, kommt erfahren und verwandelt wieder über uns.
Rainer Maria RilkeEs gibt kein ärgeres Gefängnis als die Furcht, einem Liebenden weh zu tun.
Rainer Maria RilkeDas sind die Ereignisse und die Werte in der Welt: daß man immer wieder von einem hört, der Dinge, die man dunkel dachte, gesagt, und Dinge, die man in guten Stunden gesagt, getan hat. Daran wächst man.
Rainer Maria RilkeXXVI Matt durch der Tale Gequalme wankt Abend auf goldenen Schuhn, - Falter, der träumend am Halme hangt, weiß nichts vor Wonne zu tun. Alles schlürft heil an der Stille sich. - Wie da die Seele sich schwellt, daß sie als schimmernde Hülle sich legt um das Dunkel der Welt.
Rainer Maria RilkeStillen Umgang mit dem inneren Gesetz!
Rainer Maria RilkeKunst heißt, nicht wissen, daß die Welt schon ist, und eine machen.
Rainer Maria RilkeWenn dein Alltag dir arm erscheint, klage ihn nicht an.
Rainer Maria RilkeDie meisten Menschen wissen gar nicht, wie schön die Welt ist und wieviel Pracht in den kleinsten Dingen, in einer Blume, einem Stein, einer Baumrinde oder einem Birkenblatt sich offenbart.
Rainer Maria RilkeFürstin, wissen Sie, dass ich eine einzige Sehnsucht hätte: nach Toledo zu reisen.
Rainer Maria RilkeDas Schicksal wird nicht außerhalb des Menschen bestimmt, sondern entsteht aus ihm selbst.
Rainer Maria RilkeSich der Natur zuwenden, das Ewige dem Vergänglichen, das im tiefsten Gesetzmäßige dem vorübergehend Begründeten vorziehen!
Rainer Maria RilkeNirgends, Geliebte, wird die Welt sein, als innen. Unser Leben geht hin mit Verwandlung. Und immer geringer verschwindet das Außen.
Rainer Maria RilkeUnd in den dunklen Nächten fällt die schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Rainer Maria RilkeWenn der Alltag dir arm erscheint, klage ihn nicht an - klage dich an, daß du nicht stark genug bist, seine Reichtümer zu rufen, denn für den Schaffenden gibt es keine Armut.
Rainer Maria RilkeUnd mit kleinen Schritten gehen die Uhren neben unserem eigentlichen Tag.
Rainer Maria RilkeAlles, was vielleicht einmal vielen möglich sein wird, kann der Einsame jetzt schon vorbereiten.
Rainer Maria RilkeVerwandlung ist nicht Lüge.
Rainer Maria RilkeWenn ich will, dass etwas nicht gewesen sei, wenn ich einem Erlebnis das Recht nehmen will, in meiner Vergangenheit zu bleiben, - so beginne ich mit dieser Sekunde. Was? Ich beginne.
Rainer Maria RilkeAls war ich von dem Skorpion gestochen und hoffte Heilung durch dasselbe Tier.
Rainer Maria RilkeGott lieben heißt eintreten, gehen, stehen, ausruhen und überall in der Liebe Gottes sein.
Rainer Maria RilkeDas Erlösende, das im Handeln liegt, diese unsagbare Befreiung vom Zufall und seinen Gefahren, diese Macht, die aus dem einfachsten Tun kommt.
Rainer Maria RilkeNur eine schmale Wand ist zwischen uns, durch Zufall; denn es könnte sein: ein Rufen deines oder meines Munds - und sie bricht ein ganz ohne Lärm und Laut.
Rainer Maria RilkeUnd der Mut ist so müde geworden und die Sehnsucht so groß.
Rainer Maria RilkeNah ist nur Inneres, alles andere fern. Das Äußerliche kennt keine Nähe.
Rainer Maria RilkeDas Versagen darf keine Enttäuschung sein für die, die das Äußerste beginnen und sich im bescheiden Proportionierten nicht ansiedeln.
Rainer Maria RilkeWenn die Kinder kommen und mit ihnen die Gegenwart und die Sorge um die nahe Zukunft, statt um die fernste, da verschieben sich alle Maße: das Entlegene ist nicht mehr wichtig, nur das Gestern ist es; und das Morgen ist mehr als die Ewigkeit.
Rainer Maria RilkeAushalten und Geduld haben, keine Hilfe erwarten als die ganz große, nahezu wunderbare!
Rainer Maria RilkeDaß wir erschraken, da du starbst, nein, daß dein starker Tod uns dunkel unterbrach, das Bisdahin abreißend vom Seither: das geht uns an; das einzuordnen wird die Arbeit sein, die wir mit allem tun.
Rainer Maria RilkeLeben, Geduld haben, arbeiten und keinen Anlass zur Freude versäumen.
Rainer Maria RilkeWer weiß, wer ich bin? Ich wandle und wandle mich.
Rainer Maria RilkeIst es möglich, daß man glaubte, nachholen zu müssen, was sich ereignet hat, ehe man geboren war? Ist es möglich, daß man jeden erinnern müßte, er sei ja aus allen Früheren entstanden, wüßte es also und sollte sich nichts einreden lassen von den anderen, die anderes wüßten?
Rainer Maria RilkeUnsere Wirrnisse sind seit je ein Teil unserer Reichtümer gewesen.
Rainer Maria RilkeJeder erlebt schließlich nur einen Konflikt im Leben, der sich nur immer anders vermummt und anderwo heraustritt.
Rainer Maria RilkeLieben ist... ein erhabener Anlaß für den einzelnen, zu reifen, in sich etwas zu werden, Welt zu werden für sich um eines anderen willen, es ist ein großer unbescheidener Anspruch an ihn, etwas, was ihn auserwählt und zu Weitem beruft.
Rainer Maria RilkeDas Übervollsein des Tages ist der völligen Leere gleichzusetzen.
Rainer Maria RilkeDie Kunst [...] ist [...] die weitere, unbescheidenere Liebe.
Rainer Maria RilkeDas Alleinsein stellt zunächst nur eine Art seelischen Gipsverband dar, in dem etwas heilt.
Rainer Maria RilkeWer spricht vom Siegen? Überstehen ist alles!
Rainer Maria RilkeBlühe, blühe, Blütenbaum, balde kommt das Reifen. Blühe, blühe, Blütenbaum. Meiner Sehnsucht schönsten Traum lehr mich ihn begreifen.
Rainer Maria RilkeNicht ist die Liebe gelernt.
Rainer Maria RilkeTage weben aus leuchtender Sonne dir deinen Purpur und Hermelin, und, in den Händen Wehmut und Wonne, liegen die Nächte vor dir auf den Knien.
Rainer Maria RilkeO und die Nacht, die Nacht, wenn der Wind voller Weltraum uns am Angesicht zehrt -, wem bliebe sie nicht, die ersehnte, sanft enttäuschende, welche dem einzelnen Herzen mühsam bevorsteht. Ist sie den Liebenden leichter? Ach, sie verdecken sich nur mit einander ihr Los.
Rainer Maria RilkeGüte ist, wie alle so genannten Tugenden, nicht etwas Vorhandenes, blind Wirkendes, sondern angewandtes eigenes Erleben auf fremde Dürftigkeit.
Rainer Maria RilkeWill dir den Frühling zeigen, der hundert Wunder hat. Der Frühling ist waldeigen und kommt nicht in die Stadt.
Rainer Maria RilkeDarfst das Leben mit Würde ertragen, nur die Kleinlichen macht es klein; Bettler können dir Bruder sagen, und du kannst doch ein König sein.
Rainer Maria RilkeKräfteverbrauch muß immer Kräftesteigerung sein.
Rainer Maria RilkeDa wachsen Kinder auf an Fensterstufen, die immer in demselben Schatten sind, und wissen nicht, daß draußen Blumen rufen zu einem Tag voll Weite, Glück und Wind, - und müssen Kind sein und sind traurig Kind.
Rainer Maria RilkeIn einer guten Ehe ernennt einer den anderen zum Beschützer seines Alleinsein.
Rainer Maria RilkeKürzer sind die Gebete im Bett. Aber inniger.
Rainer Maria Rilke