Zitate von Friedrich Nietzsche
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Der Egoismus ist etwas Spätes und immer noch Seltenes: die Herden-Gefühle sind mächtiger und älter.
Habt ihr Acht gegeben, was für Menschen am meisten Wert auf strengste Gewissenhaftigkeit legen? Die, welche sich vieler erbärmlicher Empfindungen bewußt sind, ängstlich von sich und an sich denken und Angst vor anderen haben?
Ist denn mein Erleben von Gestern? Das ist lange her, daß ich die Gründe meiner Meinungen erlebte. Müßte ich nicht ein Faß von Gedächtnis sein, wenn ich auch meine Gründe bei mir haben wollte?
Die Anhänger eines großen Mannes pflegen sich zu blenden, um sein Lob besser singen zu können.
Der Fanatismus ist nämlich die einzige „Willensstärke“, zu der auch die Schwachen und Unsicheren gebracht werden können.
Denn alle Dinge sind getauft am Borne der Ewigkeit und jenseits von Gut und Böse; Gut und Böse selber aber sind nur Zwischenschatten und feuchte Trübsale und Zieh-Wolken.
Bei unseren größten Männern muß man immer noch sagen: möchten sie etwas mehr Genie haben und etwas weniger Schauspieler sein!
Das verwundbarste Ding und doch das unbesiegbarste ist die menschliche Eitelkeit: ja, durch die Verwundung wächst seine Kraft und kann zuletzt riesengroß werden.
Wenn ein inferiorer Mensch seine alberne Existenz, sein viehisch-dummes Glück als Ziel faßt, so indigniert er den Betrachter; und wenn er gar andere Menschen zum Zweck seines Wohlbefindens unterdrückt und aussaugt, so sollte man so eine giftige Fliege totschlagen.
An dem, der von Grund aus gerecht sein will, wird auch noch die Lüge zur Menschen-Freundlichkeit.
Leute, welche uns ihr volles Vertrauen schenken, glauben dadurch ein Recht auf das unsrige zu haben. Dies ist ein Fehlschluss; durch Geschenke erwirbt man keine Rechte.
Und nun nimm zum Danke eine kleine Wahrheit! Bin ich doch alt genug für sie! Wickle sie ein und halte ihr den Mund, sonst schreit sie, diese kleine Wahrheit. Gib mir, Wein, deine kleine Wahrheit! sagte ich. Und also sprach das alte Weiblein: Du gehst zu Frauen? Vergiß die Peitsche nicht!
Wir halten die Tiere nicht für moralische Wesen. Aber meint ihr denn, dass die Tiere uns für moralische Wesen halten?
Die demokratischen Einrichtungen sind Quarantäneanstalten gegen tyrannenhafte Gelüste.
Dem Übermenschen darf sein Drache nicht fehlen, der Überdrache, der seiner würdig ist.
Es gibt Gewissensbisse auch nach guten Werken: ihr Ungewöhnliches, das was aus dem alten Milieu heraushebt.
Man lügt wohl mit dem Munde; aber mit dem Maule, das man dabei macht, sagt man doch noch die Wahrheit.
Die Nichtachtung des Gegenwärtigen und Augenblicklichen liegt in der Art des philosophischen Betrachtens. Er [der Philosoph] hat die Wahrheit; mag das Rad der Zeit rollen, wohin es will, nie wird es der Wahrheit entfliehen können.
Ich verurteile das Christentum, ich erhebe gegen die christliche Kirche die furchtbarste aller Anklagen, die je ein Ankläger in den Mund genommen hat. Sie ist mir die höchste aller denkbaren Korruptionen, sie hat den Willen zur letzten auch nur möglichen Korruption gehabt.
Jedes gute Buch schmeckt herb, wenn es erscheint: es hat den Fehler der Neuheit. Zudem schadet ihm sein lebender Autor, im Fall er bekannt ist und manches von ihm verlautet: denn alle Welt pflegt den Autor und sein Werk zu verwechseln.
Der große Vorzug adeliger Abkunft ist, dass sie die Armut besser ertragen lässt.
Von seinen Feinden zu lernen ist der beste Weg dazu, sie zu lieben: denn es stimmt uns dankbar gegen sie.
Es ist die Sache des freien Mannes, seiner selbst wegen und nicht in Hinsicht auf andere zu leben. Deshalb hielten die Griechen das Handwerk für unanständig.
Wie gut klingen schlechte Musik und schlechte Gründe, wenn man auf einen Feind losmarschiert!
Täuschen – das ist im Kriege alles. Die Haut des Fuchses: sie ist mein heimliches Panzerhemd.
Ebenso will man nicht zugeben, dass alles jenes, was die Menschen mit Opfern an Glück und Leben in früheren Jahrhunderten verteidigt haben, nichts als Irrtümer waren.
Es ist nicht der Kampf der Meinungen, welcher die Geschichte so gewalttätig gemacht hat, sondern der Kampf des Glaubens an die Meinungen, das heißt der Überzeugungen.
Frauen lieben meistens einen bedeutenden Mann so, dass sie ihn allein haben wollen. Sie würden ihn gern in Verschluss legen, wenn nicht ihre Eitelkeit widerriete: diese will, dass er auch vor anderen bedeutend erscheine.
Unsere Meinungen: die Haut, die wir uns umlegen, in der wir gesehen werden wollen, oder in der wir uns sehen wollen; das Äußerlichste.
Gedanken sind die Schatten unserer Empfindungen, – immer dunkler, leerer, einfacher, als diese.
Der Glaube „so und so ist es“ zu verwandeln in den Willen „so und so soll es werden“.
Das peinlichste Gefühl, das es gibt, ist, zu entdecken, daß man immer für etwas Höheres genommen wird, als man ist. Denn man muß sich dabei eingestehen: irgendetwas an dir ist Lug und Trug, dein Wort, dein Ausdruck, deine Handlung.
Mit einem Talent ist man auch das Opfer eines Talents: man lebt unter dem Vampirismus seines Talents.
Ihr haltet es mit euch selber nicht aus und liebt euch nicht genug: nun wollt ihr den Nächsten zur Liebe verführen und euch mit seinem Irrtum vergolden.