Zitate von Joseph Joubert
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Man muß Gutes tun, wenn man kann, und Freude bereiten zu jeder Zeit – denn man kann es jederzeit.

Jede Beredsamkeit muß aus innerer Bewegung stammen, und jede Bewegung verleiht von selber Beredsamkeit.

Freimütigkeit ist eine natürliche Eigenschaft, beständige Wahrhaftigkeit eine Tugend.

Fast alles, was wir Missbrauch nennen, war ein Heilmittel in politischen Einrichtungen.

Nicht, indem wir möglichst viele Dinge in unseren Besitz bringen werden wir zufrieden und glücklich, sondern dadurch, daß wir ein Teil von ihnen und allem in unserem Leben werden und in Einklang mit ihnen kommen.

Alt mußte ich werden, um zu erfahren, was ich wissen wollte, nun müßte ich jung sein, um schön formulieren zu können, was ich weiß.

Revolutionen sind Zeiten, in denen der Arme seiner Rechtschaffenheit, der Reiche seines Reichtums und der Unschuldige seines Lebens nicht sicher ist.

In der Ausschweifung jeder Art liegt viel Seelenkälte, sie ist ein überlegter und freiwilliger Mißbrauch des Vergnügens.

Zeiten sind für uns wie Örtlichkeiten; wir leben in der einen wie in der anderen; sie umgeben uns, sie berühren, umhüllen uns und formen uns immer durch irgendeinen Eindruck.

Klarheit ist so sicher eines der Attribute der Wahrheit, daß sie oft selbst für die Wahrheit gehalten wird.

Ein Glaube eint die Menschen mehr als ein und dasselbe Wissen, ohne Zweifel, weil der Glaube aus dem Herzen kommt.

Den Völkern schmeicheln bei politischen Stürmen, heißt den Wogen sagen, daß sie das Schiff lenken sollen.

Die brutale Vernunft, die alles Hohe und Heilige unter ihrem Gewicht erdrückt, die schadenfrohe Vernunft, die sich über jeden Irrtum freut, den sie entdeckt, die gefühllose Vernunft, die die Leichtgläubigkeit beschimpft, kann ich nicht Vernunft nennen.

Wir leben in einer so sonderbaren Lage, daß die Greise nicht mehr Erfahrung haben als die Jünglinge. Wir alle sind Neulinge, weil alles neu ist.

Wendet man die Strenge an, wo es nicht sein darf, so weiß man nicht mehr, wo man sie anwenden soll.

Nicht mit Wahrem und Falschem sollen wir uns vor allem beschäftigen, sondern mit dem Bösen und Guten, denn man muß den Irrtum weniger fürchten als das Böse.

Wenn wir unser Leben damit verbringen, zu lieben, bleibt uns weniger Zeit zu Beschwerden oder zum Unglücklichsein.

Wahrheit im Stil ist eine unentbehrliche Eigenschaft, die allein schon einen Schriftsteller empfiehlt.

Man darf trauern über den Glauben eines anderen, aber niemals darf man ihn verlachen.

Alle Frauen lieben die Geister, die in jungen Körpern wohnen, und Seelen, die schöne Augen haben.

Wie Dädalus schmiede ich mir Flügel; ich setze sie allmählich zusammen, indem ich täglich eine neue Feder hinzufüge.

Illusion ist ein wesentlicher Bestandteil der Wirklichkeit und verhält sich zu ihr wie Wirkung zur Ursache.

Das Lächeln wohnt nur auf den Lippen, aber das Lachen hat seinen Sitz und seine Anmut in den Zähnen.