Zitate von Friedrich Nietzsche
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Gelobt sei, was hart macht! Ich lobe das Land nicht, wo Butter und Honig fließt.
„Was sich beweisen lässt, ist wahr“ Das ist eine willkürliche Festsetzung des Begriffs „wahr“, die sich nicht beweisen lässt! Es ist ein einfaches „das soll als wahr gelten, soll „wahr“ heißen!
Die wertvollsten Einsichten werden am spätesten gefunden, aber die wertvollsten Einsichten sind die Methoden.
Alles Klagen ist Anklagen, alles Sich-freuen ist Loben: wir mögen das eine oder das andere tun, immer machen wir jemanden verantwortlich.
Alle Menschen, welche sich nicht auf irgend ein Waffenhandwerk verstehen – Mund und Feder als Waffen eingerechnet – werden servil: für solche ist die christliche Religion sehr nützlich, denn die Servilität nimmt darin den Anschein einer christlichen Tugend an und wird erstaunlich verschönert.
Stellt kleine gute vollkommne Dinge um euch, ihr höheren Menschen! Deren goldene Reife heilt das Herz. Vollkommnes lehrt hoffen.
Bist du echt? oder nur ein Schauspieler? Ein Vertreter? oder das Vertretene selbst? – Zuletzt bist du gar bloß ein nachgemachter Schauspieler…
Die Kehrseite des christlichen Mitleidens am Leiden des Nächsten ist die tiefe Beargwöhnung aller Freude des Nächsten, seiner Freude an allem, was er will und kann.
Je höher wir uns erheben, um so kleiner erscheinen wir denen, welche nicht fliegen können.
Somit ist Toleranz, historischer Sinn, sogenannte Gerechtigkeit ein Beweis des Mißtrauens gegen ein eigenes Ideal, oder das Fehlen desselben.
Es steht niemandem frei, Christ zu werden: man wird nicht zum Christentum „bekehrt“, – man muss krank genug dazu sein.
In der Leutseligkeit ist nichts von Menschenhaß, aber eben darum allzu viel von Menschenverachtung.
Alle großen Zeiten der Kultur sind politische Niedergangs-Zeiten: was groß ist im Sinn der Kultur war unpolitisch, selbst antipolitisch.
Je mehr sie sich geliebt wissen, desto rücksichtsloser werden sie meistens, bis sie endlich der Liebe nicht mehr würdig sind, und wirklich ein Riss entsteht.
Lieber Herr Professor, zuletzt wäre ich sehr viel lieber Basler Professor als Gott; aber ich habe es nicht gewagt, meinen Privat-Egoismus so weit zu treiben, um seinetwegen die Schaffung der Welt zu unterlassen. Sie sehen, man muß Opfer bringen, wie und wo man lebt.
Erklärung ist der Ausdruck eines neuen Dinges vermittelst der Zeichen von schon bekannten Dingen.
Mütter sind leicht eifersüchtig auf die Freunde ihrer Söhne, wenn diese besondere Erfolge haben. Gewöhnlich liebt eine Mutter sich mehr in ihrem Sohne als den Sohn selbst.
Erst der große Schmerz ist der letzte Befreier des Geistes, als der Lehrmeister des großen Verdachtes, der aus jedem U ein X macht, ein echtes rechtes X, das heißt den vorletzten Buchstaben vor dem letzten…
Die stillen Gedanken sind es, welche den Sturm bringen. Gedanken, die mit Taubenfüßen kommen, lenken die Welt.
Dasselbe Leben, welches seine Spitze im Alter hat, hat auch seine Spitze in der Weisheit, in jenem milden Sonnenglanz einer beständigen, geistigen Freudigkeit; beiden, dem Alter und der Weisheit, begegnest du auf einem Bergrücken des Lebens: so wollte es die Natur.
Im Übrigen habe ich den Glauben, daß wir nicht geboren sind glücklich zu sein, sondern unsere Pflicht zu tun; und wir wollen uns segnen, wenn wir wissen, wo unsere Pflicht ist.
Die Bestie in uns will belogen werden; Moral ist Notlüge, damit wir von ihr nicht zerrissen werden.
Jenes verborgene und herrische Etwas, für das wir lange keinen Namen haben, bis es sich endlich als unsere Aufgabe erweist – dieser Tyrann in uns nimmt eine schreckliche Wiedervergeltung für jeden Versuch, den wir machen, ihm auszuweichen oder zu entschlüpfen. […]
Von Natur spricht und schreibt jetzt jeder Mensch so schlecht und gemein seine deutsche Sprache als es eben in einem Zeitalter des Zeitungsdeutsches möglich ist.
Bist du zerbrechlich? So hüte dich vor Kindshänden! Das Kind kann nicht leben. Wenn es nichts zerbricht!
Hat man sein warum? des Lebens, so verträgt man sich fast mit jedem wie? – Der Mensch strebt nicht nach Glück; nur der Engländer tut das.
Wahrheit will keine Götter neben sich. – Der Glaube an die Wahrheit beginnt mit dem Zweifel an allen bis dahin geglaubten Wahrheiten.
Das Vollkommene soll nicht geworden sein. – Wir sind gewöhnt, bei allem Vollkommenen die Frage nach dem Werden zu unterlassen: sondern uns des Gegenwärtigen zu freuen, wie als ob es auf einen Zauberschlag aus dem Boden aufgestiegen sei.
Gut lesen, heißt: langsam, tief, rück- und vorsichtig, mit Hintergedanken, mit offen gelassenen Türen, mit zarten Fingern und Augen lesen.
Mitleid ist das angenehmste Gefühl bei solchen, welche wenig stolz sind und keine Aussicht auf große Eroberungen haben: für sie ist die leichte Beute – und das ist jeder Leidende – etwas Entzückendes. Man rühmt das Mitleid als die Tugend der Freudenmädchen.
Ein guter Schriftsteller hat nicht nur seinen eigenen Geist, sondern auch noch den Geist seiner Freunde.
Herrschen ist: das Gegengewicht der schwächeren Kraft ertragen – also eine Art Fortsetzung des Kampfes.
Man erwäge! – Der gestraft wird, ist nicht mehr der, welcher die Tat getan hat. Er ist immer der Sündenbock.
Wir irren uns kaum, wenn wir außergewöhnliche Taten auf Eitelkeit zurückführen, gewöhnliche Taten auf Gewohnheit, und gemeine Taten auf Angst.
Wenn die Absurditäten eines Gesprächs, welches wir anhören, im Stande sind, uns zu ärgern, müssen wir uns denken, es wäre eine Komödienszene zwischen zwei Narren.
Für den Denker und für alle empfindsamen Geister ist Langeweile jene unangenehme ‚Windstille‘ der Seele, welche der glücklichen Fahrt und den lustigen Winden vorangeht.